Mit dem Journalisten Jürgen Kalwa blicken wir auf unterbelichtete Sollbruchstellen in der Causa Armstrong. Ankerpunkt ist der Film The Program.
Mit dem Journalisten Jürgen Kalwa blicken wir auf unterbelichtete Sollbruchstellen in der Causa Armstrong. Ankerpunkt ist der Film The Program.
Wie sähe das Gewinner-Tableau der Tour de France aus, wenn Lance Armstrong 2009 nicht seinen Rücktritt vom Ruhestand erklärt hätte? Womöglich wären ihm die Gesamtsiege 1999 bis 2005 erhalten geblieben. Stattdessen ging der US-Amerikaner als einer der größten Betrüger in die Sportgeschichte ein. The Program erzählt, wie sich die vermeintlich fest im Sattel sitzende Radsport-Ikone aus dem selbigen bugsierte.
Text & Moderation: Patrick Torma. Bildmaterial: Arthaus.
Derzeit findet in Frankreich die Tour de France statt. Die Zeit der großen Beben scheint vorbei. Als letzter Dopingsünder gilt der Italiener Luca Paolini 2015, der wegen eines Kokainmissbrauchs auffiel. Dennoch fahren die Zweifel beim renommiertesten Radrennen der Welt mit. Nur weil die Befunde im Rampenlicht der Tour zuletzt ausblieben, trauen viele Beobachter noch lange nicht dem Leitbild eines sauberen Radsports. Positive Testergebnisse aus der zweiten Reihe gelten als Indizien für weiterhin verbreitete Dopingpraktiken.
Im Zuge der Operation Aderlass werden nun auch Dopingproben aus den Tour-Jahren 2016 und vor allem 2017 untersucht. Nicht zuletzt, weil gewisse Substanzen erst mithilfe neuer Tests nachweisbar sind. Dahinter steckt der Verdacht, dass sich das Doping-Rad in den vergangenen Jahren kräftig weitergedreht haben könnte, einhergehend mit immer raffinierteren Methoden der Betrüger. Erinnerungen werden wach an den Fall Armstrong. Der US-Amerikaner, siebenfach aberkannter Tour-Sieger, hatte den Einsatz von leistungssteigernden Wirkstoffen im Radsport in nie dagewesener Qualität professionalisiert.
Ein journalistisches Enthüllungsbuch als Vorlage
In seinem Spielfilm The Program zeigt Regisseur Stephen Frears (Philomena) den Aufsieg und Fall der einstigen Ikone, die von Radsportfans gefeiert und von Krebspatienten in aller Welt verehrt wurde. Ausgangspunkt ist das Buch Seven Deadly Sins des Journalisten David Walsh, der schon früh die Leistungsexplosion des eben erst von einer Krebserkrankung genesenen, bis dato eher mittelmäßigen Bergfahrers anzweifelte. Der Film lässt Walsh (gespielt von Chris O’Dowd) als heldenhaften Gegenspieler auf Armstrong (Ben Foster) los. Allerdings: Richtig greifbar wird das Verdienst des Journalisten nicht. Als ich The Program 2015 erstmals sah (und als ersten aktuellen Kino-Realease auf journalistenfilme.de besprach), wurde mir nicht ganz klar, weshalb der „Journalistenfilm“ nicht zündete.
Mit offenen Fragen kehre ich, fünf Jahre später, zu The Program zurück. Mit dem Journalisten Jürgen Kalwa (u.a. F.A.Z., Deutschlandfunk) spreche ich darüber, wie akkurat der Film seinerzeit tatsächlich sein konnte, über Fakten und Fiktionen, über dramaturgische Auslassungen, die einem besseren Verständnis der Causa Armstrong im Wege stehen, aber auch über die Problemzonen der Sportberichterstattung und die Rezeption harter Sportthemen.
Zu Gast in der aktuellen Episode: Journalist Jürgen Kalwa
In seinem Hör- und Sachbuch „Nichts als die Wahrheit – Der Fall Lance Armstrong und die Aufarbeitung eines der größten Betrugsskandale in der Geschichte des Sports“ wirft Jürgen Kalwa das Schlaglicht vor allem auf jene Mitwisser und Mittäter, die Armstrong behilflich waren, diesen systemischen Betrug zu etablieren und schließlich aufrecht zu erhalten. Im Rahmen seiner Recherchen sprach er mit Teamgefährten wie Floyd Landis oder Tyler Hamilton, wichtigen Zeugen wie Betsy und Frank Andreu, aber auch mit David Walsh selbst.
Darüber hinaus ist mein heutiger Gast ein erklärter Film-Aficionado, als solcher hat er David Walsh auch zu dessen Meinung zu The Program befragt. Zwei O-Töne hat mir Jürgen Kalwa dankenswerterweise zur Verfügung gestellt, sodass ich behaupten kann: David Walsh kommt in der aktuellen Episode von journalistenfilme.de – der Podcast zu Wort.
Besten Dank an Jürgen Kalwa, der mit mir über den großen Teich hinweg dieses erkenntnisreiche Gespräch geführt hat.
Anbei einige Shownotes und weiterführende Links:
- Da wäre natürlich einmal das empfehlenswerte Buch von Jürgen Kalwa, das mir persönlich sehr geholfen hat, gewisse Ereignisse, die im Film nur angerissen werden, besser zu verstehen: „Nichts als die Wahrheit – Der Fall Lance Armstrong und die Aufarbeitung eines der größten Betrugsskandale in der Geschichte des Sports“ (Affiliate Link)
- David Walsh jagt Rüpel-Radler – die ursprüngliche Filmbesprechung auf journalistenfilme.de
- Doping im Selbstversuch – Jürgen Kalwa für den Deutschlandfunk über The Program
- Chasing Armstrong: Interview with David Walsh about the film, The Program – David Walsh im Interview mit dem australischen Talk-Radio 3AW
- Ben Foster im Interview mit Lance Armstrong in dessen Podcast The Forward (Link zu Apple Podcasts)
- Die geschickt manipulierten Geschichten der Stars – Jürgen Kalwa über die Problemfelder moderner Sportdokus.
- Die erwähnten Tribünengespräche des Rasenfunks: Über den Fifa-Prozess (mit Jürgen Kalwa) und die Football Leaks (mit Rafael Buschmann, Link zur ersten von vier Folgen)
- Infoseite zu #Pillenkick: Die Recherchen von Correctiv zum Thema Schmerzmittel im Fußball, die u.a. die Dimensionen des Missbrauchs im Breitensport im Blick haben.
- Homepage und Blog von Jürgen Kalwa
Danke auch an Euch, liebe Hörerinnen und Hörer, fürs Einschalten. Euch gebührt das Gelbe Trikot. Ich hoffe, ihr konntet eine Menge aus der aktuellen Episode mitnehmen. Wenn ja, dann freue ich mich, wenn Ihr journalistenfilme.de – der Podcast auf den folgenden Plattformen (oder über den Podcatcher Eures Vertrauens) abonniert.
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Das Rüstzeug zur Episode – der Film The Program und das Buch meines Gastes Jürgen Kalwa. Beides kannst Du über Amazon beziehen, es handelt sich um Affiliate-Bildlinks.
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