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Home Story mit einem Slasher: Behind the Mask: The Rise of Leslie Vernon (2006)

Home Story der mörderischen Art: In Behind the Mask begleitet die Journalistin Taylor Gentry den Serienkiller Leslie Vernon mit der Kamera.

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Home Story der mörderischen Art: In Behind the Mask begleitet die Journalistin Taylor Gentry den Serienkiller Leslie Vernon mit der Kamera.

Zum Auftakt des Horror-Monats Oktober: Wie tickt der Journalismus in Horrorfilmen?

Von Patrick Torma. Bildmaterial: Tiberius Film.

Im Horror-Genre sind die Monster und Psychopathen die Stars. Hand aufs Herz: Wer erinnert sich schon an die Namen der Final Girls in Freitag der 13., Nightmare on Elm Street oder Halloween (ok, Laurie Strode bestätigt die Ausnahme von der Regel)? Aber jeder kennt Jason Vorhees, Freddy Krueger und Michael Myers. Das Böse fasziniert uns eben (mehr).

Sind sie nicht dieser Hausmeister aus der Elm Street? Journalistin Taylor Gentry (Angela Goethals) macht Bekanntschaft mit Freddy Krueger-Darsteller Robert Englund, der einen Dr. Loomis-Verschnitt spielt.

So sadistisch – und doch genial“ die Idee von Behind the Mask

Was liegt da näher, als das übliche Horror-Füllmaterial links liegenzulassen und sich geradewegs der blutrünstigen Hauptattraktion an die Fersen zu heften? Die Idee hinter Behind the Mask ist sadistisch wie genial: Der Serienkiller-Newcomer Leslie Vernon (Nathan Baesel) bastelt an seiner eigenen Legende. Doch wer im unüberschaubaren Pulk der Horror-Gestalten auffallen und zu den Koryphäen aufschließen möchte, muss sich heutzutage etwas einfallen lassen. Also lässt er die Vorbereitungen seines Debüt-Massakers von einem Kamerateam filmen. Schöner Nebeneffekt: Wer sich als angehende Horror-Ikone von Anfang an Gedanken um seine Origin Story macht, ist später vor abstrusen Prequels gefeit.

Zumindest in der Theorie. Tatsächlich war eine vorgelagerte Fortsetzung im Gespräch, doch die Pläne wurden nie konkret. So steht die Mockumentary von 2006 für sich. Behind the Mask: The Rise of Leslie Vernon ist der Versuch, das Slasher-Kino zu dekonstruieren. In einer Art Home Story begleitet die junge Reporterin Taylor Gentry (Angela Goethals) einen mörderischen Anwärter, der sich anschickt, das Erbe von Freddy, Jason & Co. anzutreten. Was sie davon hat? Natürlich die nächste Sensation. Die Fake-Dokumentation steigt mit einer Synopsis des Bösen ein: Elm Street, Haddonfield, Crystal Lake – das sind die Tatorte der Großmeister. „Wo schlägt die nächste Inkarnation des absolut Bösen zu?“, fragt Gentry in die Kamera. Eine rhetorische Frage. Schließlich liegt sie dem großen Wurf bereits auf der Lauer.

Ein Hauch von Natural Born Killers & Mann beißt Hund

Entsprechend gering ist die Distanz zum Subjekt ihrer Reportage: Taylor Gentry hegt eine Faszination für Leslie Vernon, sie drückt ihm die Daumen, denn je erfolgreicher seine Premiere gerät, umso mehr steigert das den Wert ihrer Dokumentation. Sie geht dem Killer sogar zur Hand. Nicht so weit, wie es der Wayne Gale (Robert Downey Jr.) in Natural Born Killers tut – der geltungssüchtige Reporter schießt während einer Live-Schalte den Weg für das Mörderpärchen Mickey und Mallory frei. Mit kleinen organisatorischen Gefallen macht sie sich aber der Beihilfe schuldig.

Ohnehin erinnern Stil und Aufnahme-Situation an einen anderen Film. In der belgischen Mockumentary Mann beißt Hund begleitet eine Reportage-Crew den Serienkiller Ben, der seinem „Geschäft“ wie einem Allerweltsberuf nachgeht. Auch Behind the Mask arbeitet mit der Entmystifizierung des Bösen, speziell gemünzt auf das übernatürliche Wesen, das dem Slasher innewohnt. So gehört es zu den Gesetzmäßigkeiten des Genres, dass Michael Myers und Konsorten nicht totzukriegen sind. Leslie Vernon verrät, warum: Er trägt eine stich- und kugelsichere Weste, für alle Fälle. Hinter dem scheinbar unverwundbaren Slasher verbirgt sich „nur“ ein gewissenhafter Prepper, der jedes erdenkliche Szenario vorausplant.

Hinter der Maske ist Slasher Leslie Vernon ein ziemlich normaler Dude mit einem Faible fürs Preppen. Oder steckt doch mehr dahinter?
Hinter der Maske ist Wannabe-Slasher Leslie Vernon ein ziemlich normaler Dude mit einem Faible fürs Preppen. Oder steckt doch mehr dahinter?

Enthüllungsjournalismus entzaubert den Slasher

Diese Demaskierung ist die Basis weiterer Enthüllungen. Behind the Mask lenkt den Blick auf die vielen kleinen, abgeschmackten Konventionen, die das Genre über Jahrzehnte ansammelte. Wer etwa mit Augen rollt, weil das Fluchtauto zum x-ten Mal nicht anspringt, der bekommt hier zumindest eine „logische“ Erklärung aufgetischt: Leslie Vernon hat eben an alles gedacht und vorsorglich die Zündkerzen ausgebaut. Beiläufig eingestreut, sorgen diese Enthüllungen immer wieder für komische Situationen. Eingebettet in zahlreiche Anspielungen und Auftritte von Ikonen wie Robert Englund (der Freddy Krueger-Darsteller spielt einen Psychiater, der an die Figur des Dr. Loomis in der Halloween-Serie angelegt ist) entpuppt sich Behind the Mask als nette Meta-Spielerei für Horror-Fans.

Anders als Mann beißt Hund schafft es Behind the Mask allerdings nicht, über ein fröhliches „Guck mal, wer hier sticht“-Gerate hinauszukommen. Mann beißt Hund testet unsere voyeuristischen Grenzen aus, indem die Mockumentary das federführende Fernsehteam langsam, aber sicher seinem moralischen Nullpunkt entgegendriften lässt – und wir auf einmal nicht mehr wissen, wie uns geschieht, angesichts der Grausamkeiten, die sich vor uns auftürmen. In Behind the Mask gibt es keinen Kontrollverlust, weder für uns, noch für die berichtende Reporterin. Für sie hält der Film einen Twist als letzte Ausfahrt bereit. Von da folgen wir Leslie Vernon auf ausgelatschten Pfaden – und das Böse ist plötzlich nicht mehr so faszinierend.

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