Fotoreporter Andrew folgt in Monsters der Spur einer Alien-Verwüstung - bis er die Tochter seines Verlegers aus Mexiko in die USA bringen soll.

Fotoreporter Andrew folgt in Monsters der Spur einer Alien-Verwüstung – bis er die Tochter seines Verlegers aus Mexiko in die USA bringen soll.
Von Patrick Torma. Bildmaterial: Manoglia Pictures
Eine wissenschaftliche Sensation wird zum Bumerang: Auf der Suche nach außerirdischem Leben wird die NASA fündig, doch weil eine Sonde samt Proben über Nordmexiko abschmiert, terrorisieren riesige Tentakel-Aliens fortan die Region. Behörden und Militär versuchen, die Plage mithilfe einer Sperrzone einzudämmen, mit bescheidenem Erfolg. Immer wieder entfleuchen die Biester ins Umland und richten dort verheerende Schäden an.
Der US-Fotograf Andrew Kaulder (Scoot McNairy) ist vor Ort unterwegs, um seine Haushaltskasse mit Elendsbildern aufzubessern. Allerdings steht die Alien-Brunft unmittelbar bevor. Weil die ohnehin eingeschränkten Rückreisemöglichkeiten – die USA sind komplett dicht, Trumps Grenzmauer ist in dieser Parallelwelt massive Realität – bald völlig versiegen, wird der Reporter von seinem Auftraggeber zurückbeordert. Garniert mit einem nicht ganz so lapidaren Nebenauftrag: Denn Verleger-Tochter Samantha Wynden (Whitney Able) befindet sich ebenfalls in Mexiko. Andrew soll die junge Frau sicher in die Staaten eskortieren …

Monster-Film mit wenig Monstern
Gareth Edwards landete 2010 mit Monsters einen Indie-Hit – sein Hybrid aus Monster-Film, Sci-Fi-Roadmovie und dystopischer Allegorie auf den US-amerikanischen Umgang mit illegaler Einwanderung brachte ihm die Regie eines echten Schwergewichtes ein. 2014 eröffnete Edward mit seiner Verfilmung von Godzilla das MonsterVerse (siehe auch: Kong: Skull Island). Schaut man sich beide Filme an, ist die Handschrift unverkennbar: Edwards neigt dazu, seine Monster lange im Verborgenen zu halten.
In Godzilla ging es Edwards darum, uns einen möglichst „realistischen“ Blick auf die Attacke zu eröffnen. Diese Wirkung erzielte er, indem er das Chaos mit der Handkamera begleitete oder die Riesenechse in Fernsehübertragungen durchs Bild huschen ließ. Erst nach einer Stunde war der schuppige Protagonist in voller Pracht zu sehen. Ähnlich verhält es sich mit den ungebetenen Gästen in Monsters. Die Action nimmt spät an Fahrt auf, wie in seinem Hollywood-Blockbuster verabreicht uns Edwards ein Creature Design in homöopathischen Dosen.
Fotoreporter Andrew ist Leidenstourist und Trickster
Im Falle von Monsters stecken ganz bestimmt auch Spargründe hinter der Alien-Knauserei, vor allem aber gibt sie Edwards den Raum, sich auf seine Figuren zu konzentrieren. Manche nennen den Film wegen seiner ruhigen Inszenierung „poetisch“. Ich halte ein nöliges „lahmarschig“ dagegen. Klar, alles eine Frage der Erwartungshaltung. Aber nicht nur, wie ich finde: Auf Figurenebene spult der Film nicht mehr als die erwartbare Wandlung eines opportunen Krisenreporters zum empfindsamen Kümmerer ab.
Oft gesehen, aber selten so plump inszeniert wie hier: Dafür, dass Monsters ein Leisetreter sein will, wirft uns der Film ziemlich viele Brechstangen vor die Füße. Fotograf Andrew ist nicht nur ein Leidenstourist allererster Kajüte, sondern obendrein ein fieser Manipulator. Bekommt er keine reißerischen Bilder vor die Linse, ist er sich nicht zu schade, nachzuhelfen und bettelarme Kinder in Gasmasken posieren zu lassen. Von Samantha auf seine fragwürdigen Methoden angesprochen, verweist Andrew an ihren Daddy: „Weißt Du, was Dein Vater bezahlt, für ein Bild von einem Kind, dass von einem Monster getötet wurde? 50.000 Dollar! Und von einem glücklichen Kind? Keinen Cent!“
Zugegeben, der Nachrichtenwert glücklicher Kinder dürfte tatsächlich gen null tendieren. Und doch bewegen sich Dialogzeilen wie diese hart an der Grenze zur Intelligenzbeleidigung. Weitere Kostprobe gefällig? Bitte sehr: „Nervt es Dich nicht, dass erst was Schlimmes passieren muss, damit Du profitierst?“, fragt Samantha und läuft damit in das argumentative Messer von Andrew: „Du meinst so wie ein Arzt?“ Autsch.

Journalistische Prämisse wird in Monsters nicht eingelöst
Andrew besteht darauf, dass er sich ja nicht an der Not anderer ergötze, sondern diese nur dokumentiere. Dabei bleibt er auch bis zum Ende Films. Ja, er wandelt sich. Doch diese Verwandlung erfolgt nicht über die berufliche Herleitung, sondern aus einer emotionalen Drucksituation heraus. Ein aufkeimender Beschützerinstinkt, eine zunehmende Todesahnung und nagende Schuldgefühle (natürlich wartet daheim ein Sohn aus kaputter Ehe auf den Fotoreporter) machen aus Andrew einen besseren Menschen. Ob er auch am Ende auch ein besserer Journalist ist, wissen wir nicht. Das Drehbuch interessiert sich irgendwann nicht mehr für die Profession seines Protagonisten.
Freilich bin ich besonders knatschig, wenn ein journalistischer Plot nicht eingelöst wird. Jedoch steht der Umgang mit der Reporterfigur exemplarisch für den gesamten Film. Sämtliche Themen, die dieser eigentlich ganz atmosphärisch inszenierte Trip adressiert, sind entweder ziemlich offenkundig, schrecklich banal oder beides zusammen. Wo sind die Aliens, wenn man sie mal braucht?
Mehr Horror mit Journalist*innen:
- Journalisten in Horrorfilmen
- Return of the Gruselpresse (Journalisten in Horrorfilmen #2)
- Gruselpresse III: Resurrection (Journalisten in Horrorfilmen #3)
- Gruselpresse IV: Unleashed (Journalisten in Horrorfilmen #4)
—
Mein Fall ist Monsters nicht – wer aber gerne einen Sci-Fi-Alien-Apocalypse-Film sehen möchte, der mit den Konventionen bricht, der kann einen Blick riskieren. Monsters gibt es derzeit bei Amazon zu leihen. Solltest Du den Film über den folgenden Affiliate-Link beziehen, bezahlst Du keinen Cent mehr – ich jedoch erhalte eine kleine Provision, die ich in den Betrieb dieser Seite stecke. Vielen Dank für Deine Unterstützung!

Monsters – zum Streamen bei Amazon
COMMENTS