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Journalist zum Mitzeitreisen gesucht: Journey of Love (2012)

Der Anzeigenteil treibt merkwürdige Blüten: Drei Reporter, ein alter Hase und zwei Nachwuchskräfte, werden auf ein Inserat angesetzt, mit dem ein

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Der Anzeigenteil treibt merkwürdige Blüten: Drei Reporter, ein alter Hase und zwei Nachwuchskräfte, werden auf ein Inserat angesetzt, mit dem ein mysteriöser Absender nach Komplizen für eine Zeitreise fandet. Die Recherche-Reise wird zur Journey of Love.

Text: Patrick Torma. Bildmaterial: Tiberius Film.

Die Handlung: „Gesucht: Jemand, der mit mir zurück durch die Zeit reist. Du wirst bezahlt, nachdem wir zurückkommen. Du musst deine eigenen Waffen mitbringen. Sicherheit wird nicht garantiert. Ich habe das vorher erst einmal gemacht.“ Mit diesen Worten zieht eine Kleinanzeige die Aufmerksamkeit auf sich. Jeff Schwensen (Jake Johnson) vom Seattle Magazin geht mit den Praktikanten Darius (Audrey Plaza) und Arnau (Karan Soni) dem kuriosen Gesuch auf den Grund. Es stellt sich heraus, dass der exzentrische Eigenbrötler Kenneth (Mark Duplass) der Verfasser dieser Zeilen ist. Die missmutige Darius gibt sich als Interessentin aus. Nach und nach entwickelt sie Gefühle für den verschrobenen, aber liebenswerten Sonderling.

Der Film: Journey of Love – Das wahre Abenteuer ist die Liebe (OT: Safety not guaranteed) ist das Langfilmdebüt von Colin Trevorrow – und die Visitenkarte, die ihm einen Regiestuhl in Hollywood einbrachte. Steven Spielberg engagierte Newcomer Trevorrow vom Fleck weg für die Fortsetzung seines einst erfolgreichsten Film aller Zeiten. Gemessen am nackten Einspielergebnis stellte Jurassic World (2015, 1,67 Milliarden US-Dollar) das Original Jurassic Park (1993, 1,032 Milliarden US-Dollar) sogar in den Schatten.

Kein DeLorean: Darius (Audrey Plaza) und Kenneth (Mark Duplass) bereiten akribisch und konspirativ ihre Zeitreise vor.

Erstling von Jurassic World-Regisseur Colin Trevorrow

Hierzulande wurde Journey of Love nach dem Dino-Erfolg unter dem Titel Der Zeitreisende – Journey of Love erneut veröffentlicht – in der Hoffnung, die Filmverkäufe mit dem catchy Zeitreise-Aspekt anzukurbeln. Dabei spielt dieser Aspekt nur eine untergeordnete Rolle. Journey of Love handelt nicht von Zeitreisen an sich, sondern von den Beweggründen, die die Sehnsucht nach einer Flucht aus der Gegenwart triggern.

Der Journalist: Von der ersten Minute an markiert Jeff Schwensen den Larry – Darius und Arnau dürfen nur deshalb mit in die Provinz, damit sie als Erfüllungsgehilfen und Abendunterhaltung dienen können. Schwensen besitzt keinerlei Interesse an der Geschichte, sie ist nur Mittel zum Zweck, damit er seiner alten High School-Flamme (Jenica Bergere) nachsteigen kann. Denn die lebt rein zufällig in dem Örtchen, in dem auch der Absender der geheimnisvollen Anzeige vermutet wird. Was uns zur eigentlichen, der journalistischen Arbeit führt: Die leisten die Praktikanten. Was Darius zu der berechtigten Frage verleitet: „Werden alle deine Artikel so geschrieben?“

Seitenwechsel: Darius soll das Vertrauen von Kenneth erschleichen, damit Journalist Jeff (Jake Johnson, hinten im Bild: Karan Soni alias Praktikant Arnau) einen Artikel schreiben kann.

Reporter Schwensen ist wie ein Fön: Er fabriziert nur heiße Luft

Eine Szene charakterisiert den Journalisten Schwensen auf den Punkt. Damit im Reise-Budget noch Luft für Alkohol und Drogen bleibt, bezieht der ungleiche Recherche-Tross ein billiges Motelzimmer. Das Erste, was Schwensen auspackt, ist ein Fön. Dabei produziert er auch so schon genug heiße Luft. Journey of Love etabliert den Journalisten als angeberischen Nichtskönner, um ihn schließlich als sensiblen, von einer Midlife Crisis erfassten Schwärmer zu entlarven. Sein Draufgängertum ist nur zur Schau gestellte Fassade.

Erinnerungswürdiges Zitat (weil es den Luftpumpen-Faktor Schwensens offenlegt):

Das Trio plant in einer Bar die nächsten Recherche-Schritte. Jeff Schwensen hat sich Kenneth erfolglos angenähert. Jetzt soll Darius ihn mit ihrem weiblichen Charme knacken.

Jeff: „Setz’ deine Waffen ein!“

Darius: „Du willst meine Muschi als Köder einsetzen? Und was ist, wenn der Typ voll der Killer ist?“

Jeff: „Dann wird die Geschichte noch besser.“

Wahre Begebenheit? Die Zeitreise-Anzeige hat es wirklich gegeben. 1997 erschien im Backwoods Home Magazine ein Gesuch mit ähnlichem Wortlaut. Allerdings ist die Herkunft weniger mysteriös: Mitarbeiter John Silveira hatte die Anzeige als Last Minute-Füller verfasst. Journey of Love zollt dem Urheber in den Credits Tribut, in dem er ihn als als Time Travel Consultant aufführt.

Komischer Kauz: Journey of Love funktioniert als skurriles Sammelsurium ahnungsloser Romantiker.

Journey of Love spielt mit journalistischen Klischees

Klischee-Level: Mäßig mit Ausschlägen nach oben. Jeff Schwensen erfüllt das Klischee des hochnäsigen Life Style-/Magazin-Journalisten, der seine Recherche-Freiheit ausnutzt, um Partys zu feiern und das Leben zu genießen. Was diesen Eindruck relativiert: Der Film kokettiert mit diesem Stereotyp, um ihn schließlich zu erden. Genauso wie Journey of Love mit der Trope des Journalisten spielt, der insgeheim den Part des Ermittlers übernimmt. Verfolgungsfahrten, verbotene Schnüffeleien auf Privatgrund und falsche Identitäten – Jeff, Darius und Arnau sind sich dessen bewusst, dass sie aus ihren angestammten Rollen fallen. Sie haben aber auch diebische Freude daran.

Fazit: Ironisch gebrochen, ist das journalistische Umfeld nur der Aufhänger für die weitere Geschichte. Dass Darius im Auftrag der Presse unterwegs ist, spielt nur gegen Ende erneut eine Rolle: Nämlich dann, wenn die üblichen Mechanismen der romantischen Komödie greifen und die junge Liebe nochmal ins Wanken gerät. Journey of Love bietet nichts, was man nicht schon mal gesehen hätte, ist letzten Endes aber ein liebenswürdiges Indie-Vergnügen. Kurios: Obwohl die Figuren für sich genommen nicht sonderlich sympathisch sind, funktionieren sie als skurriles Sammelsurium ahnungsloser Romantiker ganz ordentlich. Das Finale ist dann sogar herzerwärmend. Kleine Empfehlung für Fans von Filmen wie Garden State oder Vergiss mein nicht!.


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