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Abgrund Boulevardjournalismus: Manhattan Nocturne (2016)

Gefährliche Begierde: In Manhattan Nocturne gerät Betroffenheitsjournalist Porter Wren in ein Komplott – und seine heile Welt aus den Fugen.

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Gefährliche Begierde: In Manhattan Nocturne gerät Betroffenheitsjournalist Porter Wren in ein Komplott – und seine heile Welt aus den Fugen.                                   

Text: Patrick Torma. Bildmaterial: DeCubellis Films/Concorde

„Ich verkaufe Skandale, Schicksale, Chaos und Mord.“ Porter Wren (Adrien Brody, Der Pianist, The French Dispatch) weiß genau, wo er journalistisch steht. Vor einigen Jahren hat er das Verschwinden eines Mädchens aufgeklärt – ein Scoop, der seinen Ambitionen jedoch eher geschadet hat. Seine regelmäßige Kolumne speist der Reporter aus dem Leid anderer. Diese Form der Berichterstattung verhilft ihm zwar zu einer gewissen Bekanntheit innerhalb der Stadtgesellschaft Manhattans, doch seine Familie kann er mit seinem Zeilenhonorar längst nicht mehr ernähren.  

„Ich gehöre zu einer aussterbenden Spezies“, konstatiert er mit Blick auf den Sinkflug der Auflagenzahlen seiner Zeitung.  Zum Glück ist seine Gattin eine erfolgreiche Ärztin. Wren sieht daher auch keinen Grund, irgendetwas an seiner beruflichen Situation zu ändern – auch nicht, als ihm aus wirtschaftlichen Gründen die Kündigung droht.

Möchtegern-Noir mit eindimensionalen Figuren

In dieser angespannten Situation tritt die verführerische Caroline (Yvonne Strahovski, Dexter) an ihn heran. Ihr Ehemann Simon, ein exzentrischer Filmemacher, ist unter mysteriösen Umständen bei einer Explosion in einer Bauruine ums Leben gekommen. Wie es dazu kam und was er dort wollte –  diese und andere Fragen konnte die Polizei nicht schlüssig beantworten. Nun soll Porter Wren die Leerstellen füllen. Er stößt auf das filmische Vermächtnis des verstorbenen Simon, der eine Vorliebe für die schmutzigen Geheimnisse seiner Mitmenschen hatte. Und auch Wrens neuer Arbeitgeber, der Multimillionär Hobbs, interessiert sich plötzlich für den Fall. Der Reporter schlittert mehr und mehr in eine Intrige um Macht, Erpressung und sexueller Begierde – und schon bald sind er und seine Familie in Gefahr.

Filmszene aus dem Film Manhattan Nocturne: Tabloid-Journalist Porter (Adrien Brody) kommt der mysteriösen Witwe Caroline (Yvonne Strahovski) näher. Wirklich aufregend ist das nicht.
Tabloid-Journalist Porter (Adrien Brody) kommt der mysteriösen Witwe Caroline (Yvonne Strahovski) näher. Wirklich aufregend ist das nicht.

Das alles liest sich aufregender, als es ist: Manhattan Nocturne möchte sich irgendwo zwischen Sieben, Chinatown und Basic Instinct einreihen. Tatsächlich ist der Film ein schnarchiger Möchtegerne-Noir voller unglaubwürdiger Figuren, stumpfsinniger Dialoge und abstruser Wendungen. Das betont anstößige Skript wirkt, als wäre es einer Kollaboration zwischen einem 16-jährigen Edgelord und einem pensionierten Stelzbock entfleucht. Kaum zu glauben, dass das Spielfilmdebüt von Regisseur Brian DeCubellis auf einer durchaus erfolgreichen literarischen Vorlage basiert. Die gleichnamige Novelle stammt aus der Feder von Colin Harrison. Der Schriftsteller war selbst mehrere Jahre journalistisch unterwegs, unter anderem als Redakteur beim Harper’s Magazine.

Buchvorlage stammt aus der Feder eines Journalisten

Diese Branchenkenntnis merkt man der Verfilmung allerdings nicht an. Wie der gesamte Film ist die Journalistenfigur eine Ansammlung typischer Tropen. Porters Profession dient lediglich als Vorwand: Als Boulevardjournalist ist er prädestiniert, schmutzige Geheimnisse aufzudecken. Einem Typen wie ihm traut man von Berufs wegen zu, dass er Grauzonen betritt. Das moralische Dilemma zwischen journalistischer Wahrheitsfindung und der Befriedigung sensationalistischer Bedürfnisse löst sich bereits nach der Intro-Sequenz in Luft aus. Seine Neugier ist nur oberflächlich beruflich motiviert. Immerhin weiß Porter Wren, wie daneben seine Handlungen sind. Dennoch investigiert er triebgesteuert auf sein Verderben zu.

Adrien Brody bemüht sich, dem Journalisten eine innerliche Zerrissenheit zu verleihen. Doch er wenn sich uns in einer Szene als liebender Familienvater vorstellt, nur um sich in der nächsten anstandslos seinem Verlangen hinzugeben, kann auch er nicht gegen das plumpe Drehbuch anspielen. Aus journalistischer Perspektive kann man sich den diesen Trip nach Manhattan sparen. Und auch Krimi- und Thrillerfans finden Spannenderes.  

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Lust, dich in die Abgründe Manhattans zu begeben? Es ist nicht so, als hätte ich dich nicht gewarnt. Aber wenn du sehenden Auges ins filmische Verderben schauen möchtest: über den folgenden Link kannst du den Film erwerben oder ausleihen. Damit tust du immerhin etwas Gutes, indem du journalistenfilme.de unterstützt.

Manhattan Nocturne auf DVD/Blu-Ray

 

 

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